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Single - frei, aber allein

„Ich bin ein Single“ – das klingt doch eigentlich ganz gut: modern, jung, dynamisch, großstädtisch. Man denkt sofort an Komödien im Kino oder im Fernsehen, die in schicken Wohnvierteln von New York, Paris, London oder Berlin spielen: Junge, gutaussehende Singles durchleben manche Irrungen und Wirrungen, bis sie am Ende in den Armen ihres Traumpartners liegen.


© Inessa Podushko / pixelio.de

Wer aber gilt eigentlich als Single? Das Statistische Bundesamt hat in seinem Mikrozensus für das Jahr 2005 ermittelt: In 38 % der deutschen Haushalte lebt nur eine Person, 34 % der Haushalte bestehen aus zwei, 29 % aus drei oder mehr Personen.

Die häufigste Lebensform in Deutschland ist also das Alleinleben.

Doch nicht jeder dieser 22,4 Millionen Menschen ist ein Single. Der Partner arbeitet z.B. einfach nur in einer anderen Stadt, und man führt eine „Wochenendbeziehung“.

Andere haben zwei Wohnungen, weil sie es sich leisten können und/ oder weil sie einfach noch nicht zusammen ziehen wollen.

Es gibt aber auch viele Singles, die in WGs leben, und daher nicht von der Statistik erfasst werden.

Der Mainzer Soziologe Stefan Hradil zählt nur Personen zu den „echten“ Singles, die zwischen 25 und 55 Jahren alt sind, alleine wohnen, keinen festen Partner haben und die aus eigenem Willen und langfristig auf diese Weise leben wollen. Die Zahl der überzeugten Singles ist nach Hradils Ansicht in den letzten Jahren annähernd gleich geblieben.

Und dennoch boomt in Deutschland die Single-Industrie: Partnerschaftsagenturen, Internetforen, Single-Cafés, Single-Partys, Urlaubsreisen für Singles – das Geschäft mit Singles ist ein wachsender Markt.

Die Angebote richten sich aber meistens nicht an die „echten“ Singles, sondern an diejenigen, die möglichst schnell ihr Single-Dasein hinter sich bringen möchten. Doch diese Gruppe scheint von Jahr zu Jahr größer zu werden.

Noch ein Blick auf die Statistik: Während in den sechziger Jahren die Wahrscheinlichkeit für einen jungen Erwachsenen, einmal zu heiraten, 90 Prozent betrug, so liegt sie heute bei 60 Prozent. Zwar sind inzwischen auch andere Formen des Zusammenlebens wie die „eingetragene Partnerschaft“ von Homosexuellen oder die „wilde Ehe“ weit verbreitet, doch geben die Zahlen einen wachsenden Trend wider.

Sozialwissenschaftler haben zudem herausgefunden, dass ein heute 30jähriger schon mehr Beziehungen hinter sich hat als ein heute 60jähriger.

Hier scheint das Problem zu liegen, dass sich auch in der stark gestiegenen Zahl von Ehescheidungen wiederspiegelt: Partnerschaften sind heute nicht mehr auf Dauer angelegt, sie zerbrechen schnell oder sie kommen gar nicht erst zu Stande.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Manche können die nötige Balance zwischen Beruf und Partnerschaft bzw. Familie nicht finden; Partnerschaften zerrütten, weil beide in unterschiedlichen Städten arbeiten und keine Lösung für dieses Problem gefunden werden kann. Andere Partnerschaften scheitern an der Frage des Nachwuchses. Vor allem Männer erweisen sich immer mehr als Kindermuffel.

Je älter man wird, desto schwieriger scheint es zu sein, den passenden Partner zu finden. Viele haben es sich in ihrem Single-Dasein bequem gemacht, haben in ihrer Sehnsucht das Bild eines Traumpartners entworfen, den es in der Realität gar nicht gibt, oder sind nicht bereit, zugunsten einer Partnerschaft Kompromisse einzugehen.

Wenn es so weit kommt, entwickeln sich diese Personen allmählich zu „echten Singles“ – allerdings ohne es zu merken. Für sie bekommt der schmissige Ausdruck „Single“ dann einen Beigeschmack, der sich deutlicher im deutschen Wort dafür ausdrückt – allein. Das klingt dann aber weniger lustig.

Autor: karion

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Geschrieben von rausgeher-Team am 22.01.2011 19:18 in der Kategorie Leben, Lifestyle, Wohnen, Arbeit, Sinn und Unsinn
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